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VersVG in der Praxis

Avatar of Gerhard Veits Gerhard Veits | 25. April 2023 | Recht

 

§ 21 VersVG (Vorvertragliche Anzeigepflicht)

Tritt der Versicherer zurück, nachdem der Versicherungsfall eingetreten ist, so bleibt seine Verpflichtung zur Leistung gleichwohl bestehen, wenn der Umstand, in Ansehung dessen die Anzeigepflicht verletzt ist, keinen Einfluss auf den Eintritt des Versicherungsfalls oder soweit er keinen Einfluss auf den Umfang der Leistung des Versicherers gehabt hat.

Grundsätzliches

Die §§ 16 - 19 VersVG regeln einerseits die Anzeigepflicht des VN und andererseits die mögliche Konsequenz des Vertragsrücktritts durch den VR, im Falle eines Verstoßes gegen diese Obliegenheit durch den VN.

Der § 21 VersVG macht hingegen deutlich, dass ein Vertragsrücktritt des VR nicht unbedingt mit einer allfälligen Leistungsfreiheit des VR, für vor der Rücktrittserklärung des VR eingetretene Schadensfälle, einhergeht. Vielmehr soll dem VN der Versicherungsschutz für Versicherungsfälle erhalten bleiben, für die er einerseits die (richtige) Prämie bezahlt hat und denen andererseits keinerlei Zusammenhang mit der Verletzung der Anzeigeobliegenheit anhaftet.

Voraussetzungen für die Anwendung des § 21 VersVG

Grundsätzlich entfällt der Versicherungsschutz für Schadensfälle, die nach dem Zugang der Rücktrittserklärung des VR beim VN eintreten. Daher ist in der Praxis die Leistungspflicht des VR mangels Kausalität nur für jene Versicherungsfälle zu prüfen, die bereits vor dem Rücktritt des VR eingetreten sind.
Dabei ist es unerheblich, ob die Anspruchstellung durch den VN vor oder nach der Rücktrittserklärung des VR erfolgt.

Der VR bleibt demnach leistungspflichtig für Versicherungsfälle, die

a.)  vor der Rücktrittserklärung eingetreten sind und
b.)  keine Kausalität mit dem verschwiegenen oder falsch angezeigten Risikoumstand haben.

Kausalität

Eine Kausalität ( = Beziehung zwischen Ursache und Wirkung, die Abfolge von Ereignissen und Zuständen, die aufeinander bezogen sind) ist im Zusammenhang mit einer Verletzung der Anzeigepflicht dann gegeben, wenn etwa gerade der nicht oder falsch angezeigte Risikoumstand einen Versicherungsfall herbeiführt.

Eine derartige Kausalität ist aber auch dann gegeben, wenn der nicht oder falsch angezeigte Risikoumstand Einfluss auf die Schadenshöhe (auf den Umfang der Leistung des Versicherers) hatte. Somit kommt es darauf an, ob die Kausalität dem Grunde und/oder der Höhe nach vorliegt, an.

(Nur) Teilweise Leistungsfreiheit des VR
Die Unterscheidung, ob eine Kausalität dem Grunde nach oder (nur) der Höhe nach gegeben ist, hat entscheidende Auswirkung auf die Leistungspflicht des VR.

Liegt eine Kausalität „dem Grunde nach“ vor, also ist der nicht oder falsch angezeigte Risikoumstand für das Eintreten des Versicherungsfalls kausal, bleibt der VR gänzlich leistungsfrei. Im Gegensatz dazu bleibt der VR aber im vollen Umfang leistungspflichtig, wenn der nicht oder falsch angezeigte Umstand keinen Einfluss auf den Eintritt des Versicherungsfalls hat.

Liegt aber nur eine Kausalität „der Höhe nach“ vor, also hat der nicht oder falsch angezeigte Risikoumstand nur einen Einfluss auf die Schadenshöhe, bleibt der VR für jenen Anteil des Schadens leistungspflichtig, dem keine Kausalität zuzurechnen ist.

Daraus folgt, dass der VN Anspruch hat auf jene Versicherungsleistungen, die der VR auch erbringen hätte müssen, wenn er die Anzeigepflicht korrekt erfüllt hätte. Das dem Gesetzestext zu entnehmende Wort „soweit“ ist somit im Einzelfall große Bedeutung zuzumessen.

Beweislast
Es obliegt dem VN zu beweisen, dass keine - oder nur den Umfang der Leistungspflicht beeinflussende Kausalität zwischen der Verletzung der Anzeigepflicht und dem Versicherungsfall besteht.