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Ganzheitliches Risk Management für KMUs-Ein Erstansatz

Avatar of Riskexperts Riskexperts | 25. Juni 2018 | Recht

Ganzheitliches Risk Management für KMUs-Ein Erstansatz

Als Leser des „Makler Intern“ sind sie zwar vor allem an Themen rund um Versicherung interessiert, Umfragen großer, weltweit tätiger Versicherungsberater zeigen uns allerdings regelmäßig in ihren „Risk Charts“ große Lücken zwischen dem individuellen Sicherheitsbedürfnis von Unternehmen und den am Markt angebotenen Versicherungsprodukten. => Der Blick über den Tellerrand wird also immer wichtiger für den Versicherungsexperten und das Produktsilodenken von gestern verändert sich zu einem lösungsorientierten Risikodenken. Risk Management wird also mehr und mehr zum essentiellen Beratungsthema auch – oder vor allem – wenn es um Versicherungen geht.

In unserem letzten Artikel, welcher das Thema Cyber Risks behandelte, erweiterten wir das Beratungs-Know-how von Versicherungsmaklern um relevante Themen die notwendig sind, um Cyber Risiken richtig einzuschätzen und die passende Deckung zu finden - dabei handelt es sich lediglich um ein einzelnes Thema. Um aber in der heutigen Welt von

■   Unsicherheiten und Möglichkeiten der Sicherheitsverbesserung,

■   Regeln rund um Corporate Governance ( „Unternehmensführung“) und Compliance (Einhaltung von Verhaltensmaßregeln, Gesetzen und Richtlinien durch Unternehmen – die sich ständig verändern und erweitern),

■   Technischen Risiken und deren Bewältigung

■   Organisatorischen Risiken und Transparentmachung bzw. Einführung adäquater Prozedere

und vielen anderen Themen eine sichere Unternehmensnavigation sicherzustellen sind ungleich mehr Kenntnisse in sehr vielen Bereichen von Nöten. Die gute Nachricht hierzu: der Löwenanteil des Wissens zu all diesen Themen ist beim Versicherungsnehmer selbst zu finden. Wo aber meist eine Hilfestellung von Nöten ist:

1.  Transparenz: sind alle Risiken bekannt und auch deren Bewältigung?

2.  Versicherung: sind alle Risikooptimierungsmethoden im Risikotransfer bekannt?

3.  Entscheidungshilfe: wie kann das Kosten-Nutzen-Verhältnis von Verbesserungsmaßnahmen dargestellt werden?

Hier kommen Sie als Versicherungsexperten ins Spiel. Wie man diesen Blick schärfen und erweitern kann, möchten wir in diesem Beitrag am Beispiel von KMUs bringen. Warum schon wieder KMUs?

1.  KMUs müssen trotz geringer Größe eine Vielzahl gesetzlicher Anforderungen entsprechen.

2.  KMUs bekommen nicht annähernd die Aufmerksamkeit von Beratern, wie dies bei großen Unternehmen der Fall ist.

3.  Rund 99,7% der österreichischen Unternehmen sind KMUs zuzuordnen.

4.  Standardisierbare bzw. skalierbare Beratungsmethoden – sofern diese darstellbar sind – werden für eine Vielzahl von Unternehmen anwendbar. => Das Ziel heißt deshalb: Ganzheitliches Risk Management für KMUs.

Im März 2014 führten wir zusammen mit dem CAMPUS 02 die vermutlich österreichweit umfassendste Studie zum Thema durch: Risikomanagement im österreichischen Mittelstand. Schon damals kristallisierte sich eine hohe Diskrepanz zwischen „Ist“ und „Soll“ heraus – und das nach eigener, individueller Einschätzung. Einige Kernaussagen aus der Studie sind im folgenden Text in kursiver Schrift dargestellt.

Als externer Berater werden die KMUs in erster Linie (mehr als 50%) vom Steuerberater/ Wirtschaftsprüfer unterstützt.

Eine große Chance für den Versicherungsmakler, hier als externer Berater für Chancen und Risiken wahrgenommen zu werden. Die folgenden Themen sollen dabei helfen, dieses Standing zu etablieren und zu festigen:

1) Risk Management und Versicherung

Risiko Assessements bzw. Risikochecks wurden von 38% der Befragten einmal bis mehrmals durchgeführt und 42% der österreichischen KMU haben sich noch nie mit dieser Thematik beschäftigt.

Risk Management beginnt viele Schritte vor dem Versichern: Ein Befassen mit der individuellen Risikosituation hilft dabei, keine verborgenen oder neuen Risiken (z.B. aus Digitalisierung und Automatisierung) zu übersehen, aber auch das tatsächliche Risiko (und nichts darüber hinausgehendes und nicht notwendiges) zu kennen und zu versichern. Im Rahmen eines Workshops (z.B. Risikodialog) mit der Geschäftsführung und den möglichen weiteren Entscheidungs-/Risikoträgern werden die Risiken nach einem vorgegebenen Schema besprochen 

Dabei ist kein Anspruch der Vollständigkeit erhoben, vielmehr ist das Ziel eine signifikant erhöhte Wahrscheinlichkeit, schwarze Flecken auf der Risikolandkarte zu entdecken und das Restrisiko adäquat zu versichern. Eine Vielzahl von Risk Management Tools ist außerdem am Markt verfügbar, und wird vereinzelt auch von KMUs bereits verwendet.

Wurden derartige Risikodialoge früher nur bei besonderen Anlässen wie einer umfassenden Unternehmensveränderung durchgeführt, so sollten diese heute durchaus häufiger durchgeführt werden, da insbesondere aus gesetzlichen Veränderungen, Automatisierung und Digitalisierung sowie sich rasch verändernden Rahmenbedingungen des Geschäfts neue Risiken erwachsen können die von einer Versicherung abgedeckt werden können bzw. teilweise müssen.

2) Silodenken => Themendenken am Beispiel Betriebsunterbrechung:

Mit einem Versicherungsbauchladen begeistert man seinen Kunden nicht unbedingt, wenn man ihm eine klassische Betriebsunterbrechungsversicherung verkauft. Das ist schwierig nachzuvollziehen, bedenkt man das Interesse des VN an einem reibungslos laufenden Betrieb:

Die identifizierten Hauptrisiken sind eindeutig das Kundenausfallsrisiko (60%), die Produktqualität (46%) und das Absatzrisiko.

Lediglich 29% der Studienteilnehmer haben ein Business Continuity Planning. Und eine noch geringere Anzahl (4%) führt Betriebsfortführungsplanung regelmäßig durch.

Es macht im Beratungsprozess einen großen Unterschied, ob der Versicherungsnehmer von seinen Sorgen (gegenwärtig und zukünftig) berichtet und Sie über Abmilderungsmöglichkeiten nachdenken, oder ob Sie am Beispiel der BU-Versicherung einfach eine Adaptierung vornehmen (z.B. die Haftungszeit verlängern). Eine Vielzahl möglicher aber auch vorhandener Risiken bleibt dadurch unangesprochen und dementsprechend unbekannt.

Je mehr die Risiken in den Bereich der reinen Geschäftsrisiken wandern desto weniger sind diese mit einer Betriebsunterbrechungsversicherung handhabbar. Jedoch zählt hier auch ein umfassendes Business Continuity Management (BCM) und ggf. ein Krisenplan hinzu, welcher schon bei der Versicherungsvertragserstellung etabliert werden soll und die Auswirkungen auf das Geschäft bis hin zum Schutz gegen drohenden Imageverslust sehr wohl absichern kann.

Dieses Thema wird in unserem kommenden Beitrag sehr umfassend behandelt.

3) Risikodenken => Chancendenken

Die zukünftige Bedeutung des Risikomanagers im Bereich der Gesamtwirtschaft, in ihrer eigenen Branche und im eigenen Unternehmen wird von den Studienteilnehmern als ansteigend angegeben.

Versicherungslösungen erlauben neue Möglichkeiten, die oftmals aufgrund einer herausfordernden Geschäftssituation sonst nicht möglich oder sehr riskant wären. Wie groß ist schließlich das Risiko, mit einem Produkt auf den US-amerikanischen Markt zu gehen? Welche Absicherungsmethoden gibt es für eine Finanzglättung, wie können Bauprojekte risikoarm gestaltet werden, einem Ernteausfall begegnet, Cyber Crime eingeschätzt und verhindert bzw. abgemildert werden? Der Versicherungsexperte hilft dem Versicherungsnehmer, mittels eines Risk Management Ansatzes Risiken zu vermeiden, bestehende Risiken zu optimieren und schließlich das Restrisiko zu identifizieren.