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Bergunfall - Unfallversicherer muss zahlen

Avatar of RA Dr. Hans-Jörg Vogl RA Dr. Hans-Jörg Vogl | 23. Juni 2020 | Recht

Am 29.08.2017 macht sich ein Salzburger Alpinist gemeinsam mit seinem Bruder in Südtirol auf den Weg, um eine Kletterroute an der Marmolata-Südwand zu durchsteigen.

Am Zustieg/Weg zur Kletterroute stürzt er über steiles Gelände ab und verliert das Bewusstsein. Zum Glück war er über ein Sicherheitsseil mit seinem Bergpartner verbunden.

Der verunglückte Alpinist erleidet schwere Frakturen am Becken, der Wirbelsäule, des linken Arms sowie des linken Sprunggelenks. Nach ärztlicher Sofort-Hilfe in Trient/Südtirol erfolgt eine wochenlange Anschlussbehandlung in Innsbruck.

Es verbleiben am linken Arm, der Wirbelsäule, des Beckens sowie des linken Beins massive Funktionseinschränkungen. Darüber hinaus fallen beträchtliche Unfallkosten für Bergung, Heilmaßnahmen, Physiotherapie, Heilbehelfe und Medikamente an.

Glück im Unglück: Der Bergsteiger verfügt über eine Unfallversicherung. Er begehrt von seiner Versicherung den Ersatz der Unfallkosten, das Spitalgeld aus den stationären Heilbehandlungen sowie eine Entschädigung der dauernden Invalidität. Die gesamte Forderung beträgt rund € 40.000,00.

Das nächste Unglück folgt aber auf dem Fuße: Der Versicherer lehnt jede Zahlung ab und wendet ein, der Unfall habe sich beim Klettern ereignet. Die einschlägigen Versicherungsbedingungen würden dazu Nachstehendes vorsehen:

– Ausgeschlossen von der Versicherung sind Unfälle […]
4. beim Klettern am Fels (Begehung von Kletterouten), […]


Daneben habe der Bergsteiger den Unfallhergang mit Täuschungsvorsatz in der Schadenmeldung falsch geschildert und damit gegen Aufklärungs-Obliegenheiten verstoßen, was ebenso zur Leistungsfreiheit führe.

Der Alpinist wandte sich verzweifelt an die Kanzlei Vogl – diese klagte sofort und siegte auf voller Länge:

Das Gericht teilte den Standpunkt des Alpinisten, dass im Unfallzeitpunkt keine ausgeschlossene Kletter-Tätigkeit ausgeführt wurde. Der Bergsteiger hat zwar ein Seil verwendet, allerdings weder Klettertätigkeiten noch Vorbereitungshandlungen dazu vorgenommen: Er stürzte durch das Lösen eines Steins am Wegrand beim gewöhnlichen Gehen auf weitgehend ebenem Weg.
Auch eine falsche Schadenmeldung hat das Gericht verneint: Alle sachdienlichen Auskünfte waren richtig in der Schadenmeldung enthalten: Es ergibt sich daraus wann, wo und insbesondere wie es zum Unfall gekommen ist. Der Umstand, dass die Seilverwendung nicht in der Schadenmeldung angeführt war, schadet nicht. Da diese Information für die Leistungsprüfung unerheblich war, wirkte sich deren Auslassung nicht auf den Versicherungsfall aus. Die fehlende Angabe der Seilverwendung hat damit keinen Einfluss auf den Eintritt des Versicherungsfalls oder den Um-fang der Leistungspflicht, womit schließlich dem Bergsteiger auch der Kausalitätsgegenbeweis erfolgreich gelang.

Das Erstgericht zuerkannte dem verletzten Bergsteiger sämtliche Ansprüche auf Invaliditätsentschädigung, Spitalgeld und Unfallkosten. Der Versicherer hat sofort nach Urteilsfällung das Handtuch geworfen und Vollzahlung plus Zinsen und Verfahrenskosten geleistet.

Gerade in diesen Zeiten versuchen Versicherer verstärkt durch Behauptung diverser Ausschlussgründe, Obliegenheitsverletzungen etc. sich Ihrer Deckungspflicht zu entziehen. Die Kanzlei Vogl konnte hier wie in vielen Fällen der Vergangenheit für den Bergsportler „die Kohlen aus dem Feuer holen“.