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VersVG-Bestimmungen in der Praxis § 8 VersVG (Laufzeit, Verlängerung, Kündigung)

Avatar of Gerhard Veits Gerhard Veits | 11. Juni 2020 | Recht

§ 8 VersVG (Laufzeit, Verlängerung, Kündigung)

(1) Eine Vereinbarung, nach welcher ein Versicherungsverhältnis als stillschweigend verlängert gilt, wenn es nicht vor dem Ablauf der Vertragszeit gekündigt wird, ist insoweit nichtig, als sich die jedesmalige Verlängerung auf mehr als ein Jahr erstreckt.

(2) Ist ein Versicherungsverhältnis auf unbestimmte Zeit eingegangen (dauernde Versicherung), so kann es von beiden Teilen nur für den Schluß der laufenden Versicherungsperiode gekündigt werden. Die Kündigungsfrist muß für beide Teile gleich sein und darf nicht weniger als einen Monat, nicht mehr als drei Monate betragen. Auf das Kündigungsrecht können die Parteien einverständlich bis zur Dauer von zwei Jahren verzichten.

(3) Ist der Versicherungsnehmer Verbraucher (§ 1 Abs. 1 Z 2 KSchG), so kann er ein Versicherungsverhältnis, das er für eine Dauer von mehr als drei Jahren eingegangen ist, zum Ende des dritten Jahres oder jedes darauffolgenden Jahres unter Einhaltung einer Frist von einem Monat kündigen. Eine allfällige Verpflichtung des Versicherungsnehmers zum Ersatz von Vorteilen, besonders Prämiennachlässen, die ihm wegen einer vorgesehenen längeren Laufzeit des Vertrags gewährt worden sind, bleibt unberührt.

Vorbemerkungen:

Mit dem § 8 VersVG werden (nur) grundsätzliche Regelungen zur Vertragslaufzeit, Verlängerungsklauseln und Kündigung des Versicherungsvertrages normiert. Gerade zu den Kündigungs- und Rücktrittsmöglichkeiten enthält das VersVG eine ganze Reihe von Sonderregelungen.

Verlängerungsklauseln
Mit einer solchen Klausel wird der Versicherungsvertrag stillschweigend verlängert, wenn er nicht vor dem Ablauf der Vertragszeit von einer der Parteien gekündigt wird. Der § 8 (1) VersVG bestimmt eine Beschränkung dieser Verlängerungsklauseln in der Form, dass sich eine „automatische“ Verlängerung jeweils nur auf die Dauer eines Jahres erstrecken darf. Eine Klausel, mit einem Verlängerungszeitraum von mehr als einem Jahr ist demnach nichtig. Bei dieser Bestimmung handelt es sich um zwingendes Recht, d.h. eine davon abweichende Vereinbarung wäre ebenso gegenstandslos. Daraus folgt, dass eine stillschweigende Verlängerung nach Ablauf des Vertrages um jeweils ein Jahr rechtsgültig ist, sofern der VN nicht unter Einhaltung der jeweils vorgesehenen Kündigungsfrist den Vertrag auflöst. Für Verbraucher gilt diese Regelung jedoch nur eingeschränkt. Der VR muss den VN ausdrücklich über den Ablauf des Vertrages und das damit verbundene Kündigungsrecht informieren. Der zeitliche Rahmen für diese Information muss derart gewählt werden, dass der VN die Frist auf jeden Fall noch einhalten kann. Informiert der VR den VN nicht oder nicht rechtzeitig, so kann dieser der Verlängerung des Vertrages widersprechen. Eine unbedachte (irrtümliche) Einzahlung der Jahresprämie mittels Zahlschein bzw. die automatische Abbuchung der monatlichen Prämie mittels Lastschriftverfahren stellen keine schlüssige Erklärung des VN dar, wonach dieser den Vertrag weiterführen möchte. Der VR kann aus der Fortsetzung der Prämienzahlung mangels Zweifelsfreiheit also nicht auf den Fortsetzungswillen des VN schließen. Es ist somit unstrittig, dass bei Verbraucher-Versicherungsverträgen sowohl die Regelungen des VersVG als auch jene des KSchG heranzuziehen sind. Der Verbraucher ist somit in Bezug auf die Möglichkeit einen Versicherungsvertrag zu beenden doppelt geschützt.

Ordentliche Kündigung unbefristeter Versicherungsverträge
Der § 8 (2) VersVG regelt die Kündigung von unbefristeten Versicherungsverträgen. Darunter fallen vor allem Krankenversicherungen, die gemäß § 178 i (1) VersVG - mit wenigen Ausnahmen - nur auf Lebenszeit des VN geschlossen werden dürfen. In der Praxis eher selten werden auch dauernde Versicherungen in anderen Versicherungssparten abgeschlossen. Für die ordentliche Kündigung solcher Verträge wird als zulässiger Kündigungstermin das Ende der Versicherungsperiode angeordnet. Dabei muss die im Vertrag vorgesehene Kündigungsfrist für beide Teile gleich sein und darf nicht kürzer als ein Monat und nicht länger als drei Monate sein.

Kündigungsrecht des Verbrauchers
Der § 8 (3) VersVG regelt ein spezielles Kündigungsrecht nur für Konsumenten i.S. des KSchG. Dieses Kündigungsrecht ist auch nur anzuwenden bei Versicherungsverhältnissen die für eine Dauer von mehr als drei Jahren abgeschlossen wurden. Unter diesen Voraussetzungen kann der VN den Versicherungsvertrag zum Ende des dritten Jahres oder jedes darauf folgenden Jahres unter Einhaltung einer Frist von einem Monat schriftlich kündigen. Zur Frage, ob eine Konsumenteneigenschaft und damit das hier beschriebene Kündigungsrecht gegeben ist, kam es in der Vergangenheit gelegentlich zu Meinungsverschiedenheiten, die zum Teil auch erst durch oberstgerichtliche Entscheidungen gelöst werden konnten. So gilt etwa ein Nebenerwerbslandwirt bezüglich der zum Betrieb der Landwirtschaft gehörenden Versicherungen nicht als Konsument. Hingegen sind Wohnungs-Eigentümergemeinschaften in aller Regel als Verbraucher anzusehen. Nur wenn die WEG wirtschaftliche Tätigkeiten ausübt – z.B. die Vermietung von allgemeinen Teilen der Liegenschaft - und dafür eine Organisation erforderlich ist, kann sie Unternehmereigenschaft besitzen. Wie so oft kommt es hier auf die Umstände des Einzelfalls an.

Dauerrabatt
Seit Jahrzehnten ist es üblich, dass die Versicherer Prämiennachlässe gewähren, wenn sich der VN vertraglich langjährig an seinen Versicherungsvertrag bindet. Dieser Nachlass wird meist als Dauerrabatt bezeichnet, wobei in den letzten Jahren auch alternative Bezeichnungen, wie etwa „Treuebonus“, eingeführt wurden. Unabhängig von der jeweils gewählten Benennung geht es hierbei stets um einen laufzeitabhängigen Prämienvorteil. Der § 8 (3) 2. Satz VersVG bestimmt, dass eine Vereinbarung Gültigkeit hat, wonach der VN einen solchen Prämienvorteil zurückzuerstatten hat, wenn die ursprünglich vereinbarte Laufzeit wegen Kündigung durch den VN nicht eingehalten wird. Damit wird aber nur die Zulässigkeit von Dauerrabattklauseln mit Verbrauchern bestätigt, nicht aber die Voraussetzungen für deren Rechtmäßigkeit.

Unklare Dauerrabattklauseln sind ungültig
Bei Einräumung eines Dauerrabattes muss sich der VN darüber im Klaren sein und bleiben, was er künftig an Normalprämie zu zahlen hat und wie hoch der ihm gewährte Dauerrabatt ist, damit er sich die Folgen der (vorzeitigen) Auflösung des Vertrages vor Augen halten kann. So reicht eine lapidare Feststellung im Versicherungsvertrag, wonach ein Dauerrabatt eingeräumt wird, definitiv nicht aus. Der Laufzeit-Nachlass muss also klar und bestimmt – und zwar schon im Antrag des Versicherungsnehmers – ausformuliert sein, um Gültigkeit zu erlangen.

Progressive Dauerrabatt-Klauseln sind ungültig Klauseln, welche eine Dauerrabatt-Rückforderung (Treuebonus-Rückforderung) mit gleichbleibenden, jährlichen Beträgen vorsehen, sodass der rückforderbare Betrag mit längerer Vertragsdauer steigt statt sinkt, sind mangels sachlicher Rechtfertigung ungültig! Es gilt das Verbot der Benachteiligung des VN gemäß § 879 (3) ABGB. Solche Klauseln stehen auch der Bestimmung des § 8 (3) VersVG entgegen, weil diese - insbesondere bei relativ langer Vertragsdauer - das gesetzliche Kündigungsrecht des Konsumenten mit wirtschaftlichen Mitteln untergraben. Somit ist bereits seit einiger Zeit geklärt, dass gleichmäßig steigende Dauerrabattklauseln ebenfalls unzulässig sind. Die aktuellste Judikatur geht sogar noch einen Schritt weiter und stellt fest, dass zum Beispiel selbst Dauerrabattklauseln, die über die ersten fünf Jahre hinweg laufend steigen und nach einer Reduktion um 50 %, die restlichen 5 Jahre dann erneut wieder ansteigen, für Konsumenten ebenfalls keine Gültigkeit haben. Somit sind im Verbrauchergeschäft auch sogenannte „gemäßigt“ oder „gemildert progressive“ Klauseln unzulässig. Künftig sind somit nur noch degressive Dauerrabattklauseln zulässig. Wie schon aus der Verwendung des Begriffs „Konsumenten“ zu entnehmen ist, gilt dies also nur für Verbraucher im Sinne des KSchG und nicht für Versicherungsverträge von Unternehmern.