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VersVG-Bestimmungen in der Praxis

Avatar of Gerhard Veits Gerhard Veits | 05. Dezember 2022 | Recht

 

§ 20 VersVG (Vorvertragliche Anzeigepflicht)

 

(1) Der Rücktritt ist nur innerhalb eines Monates zulässig. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in welchem der Versicherer von der Verletzung der Anzeigepflicht Kenntnis erlangt.

 

(2) Der Rücktritt ist gegenüber dem Versicherungsnehmer zu erklären. Im Falle des Rücktrittes sind, soweit dieses Bundesgesetz nicht in Ansehung der Prämie etwas anderes bestimmt, beide Teile verpflichtet, einander die empfangenen Leistungen zurückzugewähren; eine Geldsumme ist von dem Zeitpunkt des Empfanges an zu verzinsen.

 

Grundsätzliches

Durch diese Bestimmung wird das Rücktrittsrecht des VR im Falle einer Verletzung der Anzeigepflicht durch den VN zeitlich begrenzt. Der VR muss demnach nach Kenntnis von der Anzeigepflichtverletzung innerhalb eines Monats den Vertragsrücktritt erklären. Macht der VR nicht fristgerecht von seinem Rücktrittsrecht Gebrauch, bleibt der Versicherungsvertrag bestehen. Sowohl das Rücktrittsrecht als auch die mögliche Leistungsfreiheit wegen des nicht oder falsch angezeigten Risikoumstandes kann der VR zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr einwenden. Damit wird es dem VR verunmöglicht, seine diesbezüglichen Rechte „auf Vorrat“ zu nehmen und parallel dazu weiterhin Prämien vorzuschreiben.

 

Beginn der Monatsfrist

Die Rücktrittsfrist beginnt zu laufen, sobald der VR Kenntnis von der Verletzung der Anzeigepflicht durch den VN hat. Dazu ist erforderlich, dass der Kenntnisstand des VR so weitreichend ist, dass er vom Vorliegen einer Anzeigepflichtverletzung ausgehen kann. Der VR muss also in Erfahrung gebracht haben, dass der VN einen Risikoumstand falsch oder gar nicht angezeigt hat, obwohl er diesen Umstand bereits bei Vertragsschluss kannte. Ein bloßer Verdacht des VR setzt die Monatsfrist noch nicht in Gang. Hingegen muss der VR bei Vorliegen von Indizien, die eine Anzeigepflichtverletzung des VN nahe legen, reagieren. Hat der VR die Möglichkeit, sich Klarheit über die Verletzung zu verschaffen, darf er diese Aufklärung nicht verzögern. Unterlässt er die Erhebung in angemessener Frist, so beginnt die Rücktrittsfrist mit dem Zeitpunkt zu laufen, zu dem er sich die erforderliche Klarheit hätte verschaffen können. Die Monatsfrist kann mehrfach laufen, wenn etwa der VR von mehreren, unterschiedlichen Anzeigepflichtverletzungen zu jeweils anderen Zeitpunkten erfährt.

 

Kenntnis des Versicherers

Die Kenntnis des VR über die Verletzung der Anzeigepflicht durch den VN ist jedenfalls gegeben, wenn ein gesetzlicher Vertreter, ein sonstiges verantwortliches Organ oder ein mit der Vertragsverwaltung befasster Mitarbeiter Kenntnis davon erlangt. Von einer Kenntnis des VR ist ebenso auszugehen, wenn ein Abschlussagent oder ein Vermittlungsagent solche Umstände im Rahmen seiner Berufsausübung in Erfahrung bringt.

 

Beweislast

Wendet der VN ein, dass der VR sein Rücktrittsrecht nicht fristgerecht ausgeübt habe, so ist er beweispflichtig dafür, wann der VR Kenntnis von der Anzeigepflichtverletzung erlangt hat. 

 

Sonderbestimmungen in der Lebens- und Krankenversicherung

Für die Lebensversicherung und die Krankenversicherung sieht das VersVG eine zeitliche Beschränkung des Rücktrittsrechts des VR mit drei Jahren vor. Die Frist beginnt mit Vertragsabschluss und läuft unabhängig von einer Kenntnisnahme des VR von der Verletzung der Anzeigepflicht durch den VN. Hat aber der VN arglistig gegen die Anzeigepflicht verstoßen, gilt diese 3-Jahresfrist nicht.

 

In der Lebensversicherung gilt diesbezüglich § 163 VersVG

Wegen einer Verletzung der dem Versicherungsnehmer beim Abschluss des Vertrages obliegenden Anzeigepflicht kann der Versicherer vom Vertrag nicht mehr zurücktreten, wenn seit dem Abschluss drei Jahre verstrichen sind. Das Rücktrittsrecht bleibt bestehen, wenn die Anzeigepflicht arglistig verletzt worden ist.

 

In der Lebensversicherung gilt diesbezüglich § 178k VersVG

Wegen einer Verletzung der dem Versicherungsnehmer beim Abschluss des Vertrags obliegenden Anzeigepflicht kann der Versicherer vom Vertrag nicht mehr zurücktreten oder den Vertrag kündigen, wenn seit dem Abschluss drei Jahre verstrichen sind. Das Rücktrittsrecht bleibt jedoch bestehen, wenn die Anzeigepflicht arglistig verletzt worden ist.