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Neuerungen bei der Einstufung als Selbständiger bzw. Dienstnehmer durch das SV-ZG

Avatar of Ing. Herbert Brunner Ing. Herbert Brunner | 26. September 2017 | Wirtschaft & Steuern

Neuerungen bei der Einstufung als Selbständiger bzw. Dienstnehmer durch das SV-ZG

„Mehr Rechtssicherheit für Selbständige durch klare Spielregeln!“ So lautet der Tenor zu den Neuregelungen, welche uns das Sozialversicherungs-Zuordnungsgesetz, kurz SV-ZG, dieses Jahr bescherte. Was ist neu, was steckt dahinter und bringt es den Abgabepflichtigen tatsächlich mehr Rechtssicherheit?

Welche Beschäftigungsformen gibt es und -welche Rechtsfolgen lassen sich davon ableiten?

Zunächst soll eine Auflistung aller unterschiedlichen Beschäftigungsverhältnisse und der damit verbundenen Rechtsfolgen einen ersten Überblick bieten.

Grundsätzlich unterscheidet man drei Formen:

  • Werkvertrag
  • Echter Dienstvertrag
  • Freier Dienstvertrag

 

Ein Werkvertrag liegt dann vor, wenn sich eine Person gegen Entgelt verpflichtet, ein bestimmtes Werk herzustellen. Der Auftragnehmer schuldet hierbei ein im Werkvertrag konkret definiertes und auch qualifizierbares Arbeitsergebnis, das er selbständig und eigenverantwortlich produzieren muss.

Die Leistung wird dabei in persönlicher Unabhängigkeit, d.h. nicht gebunden an Arbeitszeiten, einen bestimmten Arbeitsort oder an ein bestimmtes Verhalten bei der Arbeit unter Verwendung eigener Betriebsmittel erbracht. Ebenfalls trägt der Werkunternehmer auch das wirtschaftliche Risiko.

Der Werkunternehmer gilt als selbständig tätig, wobei man in Abhängigkeit von der jeweiligen Tätigkeit von neuen oder alten Selbständigen spricht. Ist für die jeweilige Tätigkeit ein Gewerbeschein notwendig, spricht man von alten Selbständigen. Bei selbständig tätigen Personen in Bereichen, für die es keinen Gewerbeschein gibt, spricht man von neuen Selbständigen. Ertragsteuerlich wird mittels Gewinnermittlung (Betriebseinnahmen abzüglich Betriebsausgaben) die Bemessungsgrundlage für die Einkommensteuer berechnet, welche in weiterer Folge vom Werkunternehmer selbst an das Finanzamt abzuführen ist. Sozialversicherungsrechtlich sind Selbständige meist der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft zugeordnet und leisten somit Beiträge gemäß Gewerblichem Sozialversicherungsgesetz (GSVG). Auf Sonderformen wie FSVG oder BSVG wird in diesem Artikel nicht weiter eingegangen.

Beim echten Dienstverhältnis wird kein selbständig erstelltes Werk geschuldet, vielmehr kommt es dabei zu einer Verfügungsmacht des Arbeitgebers über die Arbeitskraft des Arbeitnehmers. Der Dienstnehmer verpflichtet sich dabei, Dienstleistungen für eine bestimmte Zeit, eingegliedert in den Betrieb des Arbeitgebers in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit zu erbringen. Der Dienstnehmer darf sich dabei nicht vertreten lassen und ist der Kontrolle und den Weisungen des Arbeitgebers unterworfen, er schuldet sein Bemühen, nicht aber einen Erfolg.

Der echte Dienstnehmer gilt als nicht selbständig tätig. Die Ertragsteuer wird in Form der Lohnsteuer vom Dienstgeber berechnet, mittels Lohnsteuerabzug vom laufenden Gehalt einbehalten und vom Dienstgeber an das Finanzamt abgeführt. Sozialversicherungsrechtlich unterliegen Dienstnehmer dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG). Dienstnehmer- und Dienstgeberbeiträge werden vom Dienstgeber berechnet, der DN-Anteil vom laufenden Gehalt einbehalten und gemeinsam mit dem DG-Anteil vom Dienstgeber an die zuständigen Gebietskrankenkassen (GKK) überwiesen.

Der freie Dienstvertrag hingegen liegt nach ständiger Rechtsprechung vor, wenn sich jemand gegen Entgelt verpflichtet, einem Auftraggeber für bestimmte oder unbestimmte Zeit seine Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen, ohne sich in persönliche Abhängigkeit zu begeben bzw. diese nur sehr schwach ausgeprägt ist. 

Ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal zwischen echtem und freiem Dienstverhältnis ist die Weisungsungebundenheit hinsichtlich Arbeitszeit, Arbeitsort und Verhalten bei der Arbeit. Diese fehlt beim freien Dienstvertrag, wodurch sich die persönliche Unabhängigkeit erst auszeichnet. Daneben ist das Recht auf jederzeitige Vertretung durch eine beliebige, fachlich geeignete Person ebenfalls ein wichtiges Indiz für die persönliche Unabhängigkeit. Wichtig ist, dass diese Vertretungsbefugnis auch tatsächlich möglich ist und nicht nur theoretisch oder zur Vertragsgestaltung vereinbart wurde.

Abgabenrechtlich haben Personen mit freiem Dienstvertrag eine gewisse Mischform. Die Bemessungsgrundlage für die Einkommensteuer wird wie beim Werkunternehmer mittels Gewinn-ermittlung berechnet. Sozialversicherungsrechtlich unterliegen Personen mit ihren Einkünften aus einem freien Dienstvertrag dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz. Dienstnehmer- und Dienstgeberbeiträge werden vom Dienstgeber einbehalten und an die GKK abgeführt.

Selbständig oder doch Dienstnehmer?

Auch wenn die Frage, ob Mitarbeiter als Dienstnehmer oder als Selbständige anzusehen sind, weitgehend ausjudiziert ist, kam es bei Betriebsprüfungen immer wieder zu sogenannten „Umqualifizierungen“, sprich die Gebietskrankenkassen haben bislang Selbständige als Dienstnehmer betrachtet und rückwirkend die Beiträge nach dem ASVG (auch für mehrere Jahre) vorgeschrieben. Damit verbunden waren enorme Beitragsnachforderungen an den (früheren) Arbeitgeber, da u.U. sowohl die Dienstgeber- als auch die Dienstnehmerbeiträge nachverrechnet wurden. Vor allem bei Ein-Personen-Unternehmen (sog. EPUs) in Bereichen ohne Gewerbeschein (sog. neue Selbständige) und mit geringer eigener Betriebsstruktur war die Unsicherheit relativ groß.

Was ist seit 1. Juli 2017 neu?

Mit dem Sozialversicherungs-Zuordnungsgesetz wurde ein besseres Verfahren zur Abgrenzung zwischen Selbständigen und Dienstnehmern geschaffen, welches sich sowohl bei Neuanmeldungen, als auch bei Prüfungen aller lohnabhängigen Abgaben (sog. GPLA-Prüfungen) sowie auf Antrag auch bei bereits Versicherten auswirkt.

1. Versicherungszuordnung bei Neuanmeldung

Zukünftig erhalten alle neuen Selbständigen (also selbständig tätige Personen ohne Gewerbeschein) sowie bestimmte Gewerbetreibende bei Neuanmeldung zu einer selbständigen Erwerbstätigkeit einen inhaltlich neu gestalteten Fragebogen, welcher zur Überprüfung der Versicherungszuordnung benötigt wird.

Im gemeinsamen Verfahren (GKK und SVA) wird nun festgestellt, ob es sich dabei tatsächlich um eine selbständige Tätigkeit handelt oder vielleicht doch ein Dienstverhältnis vorliegt. Führt die Einstufung lt. Fragebogen zum Ergebnis, dass eine selbständige Tätigkeit vorliegt, erhält der Antragsteller einen Bescheid, mit dem die Pflichtversicherung nach dem GSVG festgestellt wird. Damit ist die antragstellende Person vor der späteren Feststellung der Pflichtversicherung nach dem ASVG (aufgrund der Tätigkeit für einen Auftraggeber) geschützt. Wichtig dabei ist, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Angaben im Fragebogen entsprechen. (Anmerkung: Auch bislang musste bei Versicherungsbeginn ein – nicht so umfangreicher – Fragebogen ausgefüllt werden, welcher zur Einstufung verwendet wurde. NEU ist jedenfalls das gemeinsame Verfahren zur Einstufung und die Absprache mittels Bescheid).

2. Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben

Kommt im Rahmen einer GPLA-Prüfung der Verdacht einer ASVG-Versicherung (d.h. es wird im Rahmen der Prüfung ein Dienstverhältnis anstelle einer selbständigen Tätigkeit unterstellt) auf, muss die SVA unverzüglich verständigt werden. In weiterer Folge prüfen GKK oder Finanzamt gemeinsam mit der SVA den Sachverhalt.

a) Ergibt die Prüfung, dass eine selbständige Tätigkeit im Prüfungszeitraum vorlag, bleibt es bei der Pflichtversicherung nach dem GSVG und die SVA stellt einen Bescheid über die Pflichtversicherung aus. Durch die Bindungswirkung kann in einem späteren Verfahren eine Neuzuordnung nur bei falschen Angaben oder bei einer maßgeblichen Änderung des Sachverhalts vorgenommen werden.

b) Wird hingegen festgestellt, dass keine selbständige Tätigkeit vorlag, wird von der GKK die ASVG-Pflichtversicherung festgestellt und für den entsprechenden Zeitraum werden SV-Beiträge nachverrechnet. War bislang eine Anrechnung bereits bezahlter GSVG-Beiträge auf die neu berechneten ASVG-Beiträge ungewiss, kommt es ab 1. Juli 2017 zu einer beitragsrechtlichen Rückabwicklung. Alle zu Unrecht geleisteten Beiträge des vormals Selbständigen werden an den zuständigen Krankenversicherungsträger des „neuen“ Dienstgebers überwiesen und bei der Neuberechnung berücksichtigt, ein etwaiger Beitragsüberschuss ist an den Versicherten rückzuzahlen.

3. Prüfung der Versicherungszuordnung auf Antrag

Bereits SVA-Versicherte oder deren Auftraggeber können auf Antrag die Versicherungszuordnung überprüfen lassen. Zuständig für eine derartige Überprüfung ist grundsätzlich die GKK.

Conclusio

Mit dem Sozialversicherungs-Zuordnungsgesetz wurde für neue Selbständige und bei Zweifelsfällen von Gewerbetreibenden (etwas) mehr Rechtssicherheit hinsichtlich ihrer Zuordnung zur ASVG bzw. GSVG geschaffen. Wird im Rahmen der Neuanmeldung eine Einigung zwischen SVA und GKK erzielt, wird das Ergebnis mittels Bescheid bekannt gegeben. Dieser Bescheid ist auch für spätere Prüfungen bindend, SOLANGE die tatsächlichen Gegebenheiten den Angaben im Fragebogen entsprechen und sich der Sachverhalt nicht geändert hat. Jedenfalls zu begrüßen ist im Falle der Umqualifizierung die Anrechnung der zu Unrecht geleisteten Beiträge (meist bei der SVA) auf die neu berechnete Abgabenschuld (bei der GKK).