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„Gleich und doch so verschieden!“

Avatar of ÖVM ÖVM | 28. September 2023 | Wirtschaft & Steuern

Ein Versicherungsnehmer mit Wohnsitz in Österreich hat bei einem deutschen Versicherer, HDI-Leben, eine Lebensversicherung mit Sparkomponente abgeschlossen. Nun ist es endlich so weit, der Vertrag gelangt zur Auszahlung. Die Freude ist groß. Als der Versicherungsnehmer aber die finale Abrechnung sieht, fällt er aus allen Wolken. Es wurde von den Erträgen rund 1/3-tel in Abzug gebracht und an das deutsche Finanzamt abgeführt. Der Versicherungsnehmer versteht die Welt nicht mehr, war er doch der Meinung, dass Lebensversicherungen in Österreich – mit ein paar wenigen Ausnahmen – von Kapitalertrag- und Einkommensteuer befreit wären.   

Der Abzug erfolgte leider zu Recht, da in diesem Fall das deutsche Steuerrecht zur Anwendung gelangt, weil es sich um einen deutschen Versicherer handelt. Aber keine Angst das Geld ist nicht verloren, es kann per Antrag rückgefordert werden.
 

Steuerliche Behandlung in Österreich

Schließt ein in Österreich voll einkommensteuerpflichtiger Versicherungsnehmer bei einem österreichischen Versicherer eine Lebensversicherung mit Sparkomponente ab, so unterliegen die Erträge aus diesem Vertrag – egal ob es sich um Ausschüttungen oder Kursgewinne handelt – grundsätzlich nicht der Kapitalertragsteuer.
Kapitalertragsteuer fällt nur dann an, wenn es sich um eine prämienbegünstigte Zukunftsvorsorge im Sinne der §§ 108 g bis i Einkommensteuergesetz handelt und der Versicherungsnehmer statt einer Rente eine Barablöse wählt.

Einkommensteuer ist nur dann zu entrichten, wenn es sich bei dem steuerverhangenen Vertrag um einen Einmalerlag handelt, bei dem die Mindestlaufzeit von 15 Jahren bzw. bei Personen, die das 50. Lebensjahr bereits vollendet haben, von 10 Jahren nicht einhalten.   

Steuerliche Behandlung in Deutschland

Schließt ein in Österreich voll einkommensteuerpflichtiger Versicherungsnehmer bei einem deutschen Versicherer eine Lebensversicherung mit Sparkomponente ab, so fallen Kapitalertragsteuer und Solidaritätszuschlag in der Höhe von insgesamt rund 31% an. Diese Abgaben sind verpflichtet an der Quelle zu ermitteln und direkt vom Versicherer an das Finanzamt abzuführen.
 

Doppelbesteuerungsabkommen sichert die Rückerstattung

Das Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Österreich und Deutschland sieht für die Besteuerung von Erträgen aus Lebensversicherungen ausschließlich den Wohnsitzstaat des Versicherungsnehmers vor. Der Versicherungsnehmer kann daher die gänzliche Erstattung von in Deutschland abgeführten Kapitalertragsteuern und Solidaritätszuschlägen verlangen.

Antragspflicht

Die Rückerstattung erfolgt nicht automatisch, sondern muss vom Versicherungsnehmer beim deutschen Finanzamt beantragt werden. Dazu sind folgende Schritte notwendig:

■    Ausfüllen des Online-Formulars 010005 - Antrag auf Erstattung der deutschen Steuer auf Kapitalerträge unter www.formulare-bfinv.de
■    Ausdrucken des Formulars
■    Einholen einer Bestätigung des Wohnsitzfinanzamtes mit dem ausgefüllten Formular
■    Einsenden des vollständig ausgefüllten Antrages inklusive der seitens der Versicherung übermittelten deutschen Steuerbescheinigung an:
       Bundeszentralamt für Steuern
        Hauptdienstsitz Bonn-Beuel
         An der Küppe 1
          53225 Berlin
 

Erfahrungen

Die gesamte Abwicklung ist äußerst mühsam und zeitaufwendig, eine direkte Kontaktaufnahme mit dem zuständigen Finanzamt in Deutschland so gut wie unmöglich. Der Versicherungsnehmer braucht jedenfalls Geduld. Eine Unterstützung seitens der deutschen Versicherer ist leider Fehlanzeige. Der ÖVM empfiehlt, sollte Abwicklung des Antrages zu lange dauern oder gänzlich ins Stocken geraten, einen Steuerberater zu konsultieren.