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Die Vollmacht des Versicherungsmaklers und deren rechtliche Geltung

Avatar of Mag. Markus Freilinger Mag. Markus Freilinger | 02. Dezember 2021 | Recht

Nachdem wir im Makler Intern 2/2019 einen ausführlichen Artikel (nachzulesen unter folgendem Link: https://www.ovm.at/leistungen/makler-intern) zu den rechtlichen Grundlagen einer Vollmacht veröffentlicht haben, dürfen wir erneut auf die eine oder andere rechtliche-MUSS Bestimmung hinweisen.

Es ist unbestritten, dass es sich bei einer Vollmacht um das Rechtsinstitut der Stellvertretung handelt und dass damit bei dem Vollmachtnehmer (Versicherungsmakler) ein rechtliches Handeln-Können einhergeht.
Die Mustervollmacht des Fachverbandes der österreichischen Versicherungsmakler ist eine sogenannte Gattungsvollmacht - oder auch Generalvollmacht genannt - und ist diese mehr als umfassend und meines Erachtens inhaltlich bestens formuliert. Damit ist der Versicherungsmakler berechtigt, die Interessen seines Kunden in ALLEN Versicherungsangelegenheiten zu vertreten. Diese Feststellung deckt sich mit den Bestimmungen des § 1007 ABGB und stellt überdies geübte Praxis dar. Mit dieser Vollmacht kann und darf kein Versicherer nur irgendetwas Zusätzliches hinsichtlich der Stellvertretung verlangen.
Immer wieder erreichen uns Beschwerden von ÖVM Maklern, dass eine Versicherung eine Vollmacht (alleine) nicht akzeptiert: Machen wir dies an folgendem Beispiel fest: Ein Makler erhält von einem Neukunden die Vollmacht und will einen bestehenden (Fremd-)Krankenversicherungsvertrag auf sich umstellen lassen. Keineswegs wünscht er eine inhaltliche Änderung des Vertrages, er will lediglich den Vertrag über sein Kundenverwaltungsprogramm beziehungsweise die zur Verfügung stehenden IT-Schnittstellen auf seine Vermittlernummer geändert wissen, damit er in Echtzeit den Vertrag, Prämien und Bedingungen sieht.
Zitiert man nun einen Krankenversicherer, bekommt man folgende Antwort:

„….um die Änderung durchführen zu können, benötigen wir einen ausdrücklichen Kundenwunsch. Bitte um Übermittlung eines Schreibens mit Unterschrift von Herrn/Frau …..- danke!“
Wir Versicherungsmakler schulden unseren Kunden nicht nur Qualität, sondern auch „zeitliche Qualität“ – sprich Schnelligkeit.
Dieses Praxisbeispiel soll aufzeigen, dass sich die Versicherung über die bundesgesetzlichen Stellvertretungsregeln des ABGB (§§ 1002ff) eindeutig hinwegsetzt.
Weiters – würde dieses Beispiel Schule machen – wären den Versicherungen Tür und Tor geöffnet, verlangten sie dann willkürlich neben der Vollmacht auch den unterschriebenen Kundenwunsch, dann wäre die (juristische) „Themenverfehlung“ vollkommen; nicht auszudenken wohin die geschäftliche bürokratische Reise neben IDD, etc. hingehen würde.
Um diese Rechtsmeinung zu untermauern, haben wir auch Rechtsanwalt Mag. Markus Freilinger um seine diesbezügliche Stellungnahme gebeten:

Geltung von Maklervollmachten
Der Bevollmächtigungsvertrag ist in den §§ 1002 bis 1033 ABGB geregelt. Diese Bestimmungen umfassen Regelungen über das Auftragsverhältnis und über das Vollmachtsverhältnis. Rechtlich sind Auftrag und Vollmacht auseinanderzuhalten. Der Auftrag regelt das Vertragsverhältnis zwischen dem Geschäftsherrn und dem Geschäftsbesorger, sohin im konkreten Kontext zwischen Makler und Kunden. Die Vollmacht hingegen betrifft nur das Außenverhältnis zu Dritten, also die Frage, ob der Bevollmächtigte (Vertreter) für den Machtgeber (Vertretenen) rechtsgeschäftliche Wirkungen herbeiführen kann. Die Vollmacht bewirkt daher nur eine Macht (ein „Können“) des Machthabers, verpflichtet ihn aber nicht zu einem Handeln. Der Auftrag betrifft das Vertragsverhältnis zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer und beinhaltet auch je nach Ausgestaltung des entsprechenden Maklervertrags die Verpflichtungen des Versicherungsmaklers gegenüber seinem Kunden.

Inhalt der Vollmacht ist somit die Übertragung von Macht im konkreten Zusammenhang an den Versicherungsmakler im Namen des Vollmachtgebers – somit im Namen des Kunden – zu handeln. Grundsätzlich ist die Bevollmächtigung an keine Form gebunden (dies bei hier nicht relevanten Ausnahmen), d.h. die Vollmacht könnte sogar mündlich oder konkludent erteilt werden. In der Regel lassen sich Versicherungsmakler von ihren Kunden Vollmachtsformulare unterfertigen.

Auch der Österreichische Versicherungsmaklerring stellt dafür ein entsprechendes Musterformular zur Verfügung.

Dieses Musterformular enthält nicht nur die Vollmacht, sondern auch den Auftrag an den Versicherungsmakler, Versicherungsverträge zu vermitteln. Sie enthält den oben schon erwähnten Auftrag, sohin die vertragliche Vereinbarung im Innenverhältnis und auch die Bevollmächtigung, d.h. das Können des Machthabers im Verhältnis zu Dritten.

Das Vollmachtsformular des ÖVM ist sehr umfassend gestaltet. Demgemäß wird der Versicherungsmakler bevollmächtigt, die Interessen des Kunden in allen Versicherungs- und Schadenangelegenheiten zu wahren und in sämtlichen Angelegenheiten, zu welchen die Gewerbeberechtigung für Versicherungsmakler und Berater in Versicherungsangelegenheiten berechtigt, umfassend zu vertreten. Zudem werden im Sinne einer Gattungsvollmacht Geschäfte ihrer Art nach bezeichnet, die der Versicherungsmakler für den Kunden abschließen darf. Er wird insbesondere ermächtigt, Vertragserklärungen abzugeben, Kündigungen und Vertragsabschlüsse vorzunehmen, sogar Vergleiche abzuschließen, ferner erhält er auch umfangreiche Einsichtsermächtigungen in Aktenunterlagen Protokolle, Gutachten, Krankengeschichten, Versicherungsverträge etc. Der konkrete Wortlaut kann im ÖVM-Muster nachgelesen werden. Beinhaltet ist sogar eine Zustellvollmacht und die Vollmacht, Versicherungs- und sonstige Urkunden entgegenzunehmen.

Die Ausgestaltung dieses Vollmachtsformulars ist daher sehr umfassend und berechtigt den Versicherungsmakler in sämtliche Vertragsunterlagen des Kunden Einsicht zu nehmen.

Das im ersten Teil dieses Artikels von Mag. Alexander Gimborn erörterte Problem sollte sich nach rechtlichen Gesichtspunkten bei Verwendung derart umfassender Vollmachten nicht stellen.

Zudem ist darauf hinzuweisen, dass der Versicherungsmakler auf Basis derartiger Vollmachten, die eine Ermächtigung erhalten, für den Kunden Vertragserklärungen abzugeben, also auch Kündigungen von Versicherungsverträgen oder Abschlüsse von Versicherungsverträgen vorzunehmen, die im ersten Teil dieses Artikels erwähnte Erklärung für den Kunden abzugeben. Der Versicherungsmakler könnte nämlich in Vertretung des Kunden den von manchen Versicherern offensichtlich geforderten ausdrücklichen Kundenwunsch selbst im Vollmachtsnamen unterfertigen. Die Bevollmächtigung ist diesbezüglich ausreichend.

Gegebenenfalls wären in Courtagevereinbarungen mit Versicherern gelegentlich enthaltene Vereinbarungen zur Verwendung von IT-Schnittstellen zu prüfen. Diese stellen allerdings Vereinbarungen zwischen Versicherungsmakler und Versicherer dar und haben auf die dem Versicherungsmakler erteilte Vollmacht und deren Umfang keinen Einfluss.

Oben habe ich bereits darauf Bezug genommen, dass eine Vollmacht durch Widerruf des Machtgebers, durch Aufkündigung des Machthabers, Zeitablauf, Bedingungseintritt oder Tod einer der Parteien erlöschen kann.

Die Vollmacht erlischt durch Widerruf des Machtgebers, durch Aufkündigung des Machthabers, Zeitablauf, Bedingungseintritt oder Tod einer der Parteien. Die diesbezüglichen Regelungen finden sich in §§ 1020 bis 1022 ABGB. Ist in der Vollmacht kein Zeitablauf vorgesehen und tritt auch einer der anderen erwähnten Umstände nicht ein, so erlischt oder verfällt diese Vollmacht nicht.

Immer wieder verlangen Versicherungsunternehmen von Versicherungsmaklern die Beibringung einer aktuell vom Kunden unterfertigten Vollmacht, etwa nach Ablauf von mehreren, beispielsweise 10 Jahren. Eine gesetzliche Grundlage dafür existiert freilich nicht. Möglicherweise bestehen interne Compliancevorschriften bei einzelnen Versicherungsunternehmen die derartige Regelungen enthalten, den gesetzlichen Regelungen des ABGB entspricht dies freilich nicht.